Als Reaktionen auf meinen Beitrag Detaillierte Bürgersteig-Netzdaten in OpenStreetMap erstellen: Mit dem QGIS-Plugin SidewalKreator? gab es einige sehr nützliche Hinweise. Zum einen auf einen für Berlin vorhandenen Datensatz, der in dieser Karte der Berliner Gehwegbreiten visualisiert wurde. Diese habe ich im Westen Neuköllns, wo auch in OpenStreetMap (OSM) flächendeckend Gehwegbreiten eingetragen sind, mit eben diesen Daten abgeglichen – mit deutlichen Abweichungen. Darauf und auf die damit zusammenhängende Frage, welche Breite man heranzieht (baulich oder nutzbar, Umgang zum Beispiel mit Randstreifen) werde ich an anderer Stelle noch gesondert eingehen.
Hier möchte ich erst einmal das Ergebnis meiner Auseinandersetzung mit einem weiteren Hinweis aufzeigen, nämlich, dass ja in Österreich mit der Graphenintegrations-Plattform GIP ein besonders umfassender offener Datensatz vorhanden sei, der auch für detaillierte Analysen des Fußwegenetzes genutzt werden könne. Beim Salzburger UNIGIS-Studium ist man der GIP am laufenden Band begegnet, aber ein eigener Test in Bezug auf Gehwegdaten stand tatsächlich noch aus, denn in der Abschlussarbeit habe ich mich schließlich auf Berliner OSM-Daten beschränkt. Also, einfach mal das gesamte GIP-Geopackage von data.gv.at heruntergeladen (Version 10/2024) und ein wenig durchstöbert. Erste Erkenntnis: Im nötigen Detailgrad sind die Daten nur für Wien vorhanden – es sei denn, ich habe noch etwas übersehen. Die weitere Erkenntnis: Aus dem Layer LINEARUSE_OGD kann man zwar anhand der Filterung nach passenden Werten des Attributs BASETYPE (Lookup-Tabelle im PDF zum GIP-Datenstandard auf Seite 57) das Fußwegnetz der österreichischen Hauptstadt extrahieren, aber dies umfasst sowohl Gehwege als Teil des Straßenraums, als auch Fußwege abseits von Straßen. Wichtig aber: Für alle Wege sind Werte für die Attribute WIDTHAVERAGE und WIDTHMIN vorhanden.
Das bedeutet ja, dass man mit einem passenden Werkzeug schnell eine Visualisierung hinbekommt! Über das bereits genannte Berliner Beispiel entdeckte ich das sehr brauchbare Github-Repository von Meli Harvey zu den Fußwegbreiten in New York City und die zugehörige interaktive Karte. Ihr Ansatz entstand in der Corona-Zeit und hat das Social Distancing im öffentlichen Raum als Aufhänger. Zudem lagen in ihrem Fall die Gehwegflächen als Polygondaten vor, die anhand einer Skelettierungsmethode zunächst in Linien umgewandelt werden mussten. Dies entfiel nun natürlich für meinen GIP-Anwendungsfall, dafür waren andere Schritte notwendig. Das Ergebnis ist zugegebenermaßen noch etwas ungenau und weist kleine und vereinzelt größere false positives und false negatives auf, da ich straßenbegleitende Gehwege anhand einer einfachen Pufferung der Straßenmittellinie extrahiert habe. Zudem habe ich die Kartenanwendung selbst erst einmal nicht angefasst, abgesehen von dem Austausch der GeoJSON-Inhalte. Deswegen ist es als eine Art Vorversion zu verstehen. To be continued! Nun steht dieser Zwischenstand der Wiener Gehwegbreiten-Karte hier auf GitHub bereit und eine erste Version der Kartenansicht ist hier zu finden.
Was erkennt man daraus? In den inneren Bezirken sieht es erwartungsgemäß durchschnittlich ein ganzes Stück besser aus als drumherum, besonders „trübe“ im Südwesten des Stadtgebiets. Entlang der Mariahilfer Straße lassen (bzw. ließen) sich Abstandsregeln der Karte nach zu urteilen besonders gut einhalten. Unter anderem schneiden auch die Praterstraße, die Landstraßer Hauptstraße und die Thaliastraße gut bis sehr gut ab. Die Gehwege der fertiggestellten Straßen in der Seestadt Aspern sind zu einem großen Teil erfreulich breit, aber auch nicht so durchgängig, wie es für ein so junges Stadtentwicklungsprojekt wünschenswert ist. Alles ganz ungeprüft und ohne alle der genannten Straßen im Detail zu kennen.
Der Forschungsbereich Verkehrsplanung und Verkehrstechnik der TU Wien stellt auf seiner Internetpräsenz Gehsteigbreitenkarten der Wiener Bezirke in PDF-Form bereit, die ebenfalls auf den OGD-Daten extrahiert sind. Dort ist alles ab drei Metern Breite bereits tiefgrün, da rechtlich sicher ausreichend – aber angenehm flanieren lässt es sich da noch nicht. Das dortige Grün entspricht dem hellen Orange auf dieser Karte und den „noch positiveren“breiteren“ Kategorien.
Die nächste Version wird dann noch eine nach Bezirken aufgeteilte Statistik enthalten – und mit einer saubereren Filterung. Dann kann Wien hoffentlich auch in diese „Hall of Fame“ aufgenommen werden:
Nun erst einmal genug in Sachen Gehwege in diesem Jahr an dieser Stelle. Möge 2025 ein erfolgreiches Jahr für die Stärkung des Fußverkehrs werden!